On Tour mit Ed Neumeister
Für Jazz-Fans gibt es im November eine herrliche Möglichkeit, dem tristen und kalten Winteranfang in Wien zu entfliehen: nach Südamerika, genauer gesagt nach Uruguay und Argentinien, zum Jazzfestival in Montevideo (14.-24.11.), dem Festival de Jazz de Cordoba (19.-24.) und dem Buenos Aires Jazz Festival (19.-24.).
Montevideo
Beginnt man in Montevideo, mit 1,3 Millionen Einwohner die
kleinste der drei Städte, lernt man rasch die Tranquilidad kennen, wie die Montevideaner ihren eigenen Rhythmus
und Lebensstil nennen. „When you talk to people here, you´ll find it´s very
relaxed. Everyone seems to have time to talk for half an hour or more about
life. Montevideanos are not stressed
about needing to rush off. We are not chasing money. What´s important is having
a beach close to where you live, and spending the evenings with your family and
friends“, sagt Philippe Pinet, Direktor des Jazz Festivals.
Und nimmt sich am
Tag vor der Eröffnung des Festivals ausreichend Zeit, seine internationalen
Gäste in seinem Garten zum Barbecue zu bewirten. Wer als er kann besser wissen,
wie man ohne Stress zu Erfolg und Lebensqualität kommt. Denn neben dem Festival
leitet er ein Consulting-Unternehmen, spezialisiert auf die Vermittlung von
Geschäftsbeziehungen mit französischen Großunternehmen, nachdem er zuvor, in
den 1980er Jahren, Uruguays erfolgreichster Tennisprofi war.
Montevideo ist eine beschauliche, spanisch-mediterran
anmutende Stadt, die zu zwei Seiten von Wasser umgeben ist, das bis zum
Horizont reicht, und dennoch kein Meer ist. Es ist das Mündungsdelta des Rio de
la Plata. Eine Einwanderer- und Hafenstadt, die ob ihrer Lebensqualität – die
höchste in ganz Südamerika – bei Europäern besonders beliebt ist. Und damit
völlig zu unrecht „das Buenos Aires des armen Mannes“ genannt wird.
Montevideo
hat seinen eigenen Charme, unprätentiös und eigenbrödlerisch. Hier jagt man
keinen Moden nach, und zeigt sich resistent gegen den Einzug globaler Trends
und Marken im Stadtbild. Dafür gibt es jede Menge lokaler Feinheiten zu entdecken,
von Handwerkstraditionen über Vintage-Autos bis zu den am offenen Feuer
gegrillten Steaks und dem Tannat, einer eigenen Rotweinsorte. Und selbst das
kleine Boutique-Hotel in der Altstadt, wo auch die internationalen Musiker
untergebracht sind, ist anders,
mit einer Kunstsammlung lokaler Künstler und einer Frühstücksterrasse am Dach,
die den Blick auf die Dachlandschaft der Altstadt bis zum Wasserhorizont
freigibt.
Tranquilidad kennzeichnet auch das Programm des Festivals –
wenige, aber durchaus spannende internationale Gäste, konzentriert auf einen
Austragungsort: Teatro Solis, die bedeutendste Bühne des Landes und das
zweitgrößte Theater Südamerikas.
Die lokalen Musiker spielen dann spätabends im
Keller des sympathischen Restaurants Paullier Y Guaná, wo man herrlich essen
und abhängen kann. Keine Parallelkonzerte, keine Qual der Wahl. Das fördert
auch den Austausch unter den Musikern, man diniert gemeinsam nach den Konzerten
und genießt die eine oder andere Flasche Tannat.
Buenos Aires
Mit fünf verschiedenen Venues und unterschiedlichen Formaten
sind die Festivaltage in Buenos Aires vollgepackt mit Programm.
Ein Highlight sind die Crossings – oder „cruces“ im Original -, wie
Festivalleiter Adrián Iaies die Einladung an internationale Musiker nennt, mit
lokalen Größen zusammen zu spielen.
Ein ungewöhnliches Format, das gleichzeitig
der Natur und dem Spirit des Jazz entspricht. Austragungsorte der Crossings
sind zwei Clubs im chicen Viertel Palermo, die beide eine großartige Atmosphäre
ausstrahlen: Café Vinilo und Thelonious Club.
Es ist faszinierend zu beobachten, welch verbindende Kraft
die Musik, und im besonderen die Jazzmusik erzeugt, speziell dann, wenn Musiker
zum ersten Mal aufeinandertreffen und zusammen spielen. Ein Lehrbeispiel erster
Klasse für jeden und alles im Leben!
Faszinierend ist auch die Organisation der vielen Gäste des
Festivals: Für jeden Musiker ist ein genauer Tagesablauf vorbereitet, und eine
Begleitung abgestellt: Wir werden von Chris betreut, vier Tage lang. Ob Proben,
workshops, Mittagessen, Abendessen – alles ist organisiert, ein Festivalauto
mit Chauffeur immer zur Stelle, und Chris immer mit dabei, stets gut gelaunt
und lachend. Und er kümmert sich um alle Extrawünsche, zum Beispiel
Abweichungen vom vorgesehenen Menü oder Geldwechsel auf der Straße, wo der
bessere Kurs herrscht. Die Entfernungen sind groß, der Verkehr enorm, und so
lernen wir die Stadt vom Auto aus kennen, ganz abgesehen von der lokalen
Restaurant- und Musikszene ...